Im Rahmen der Novelle zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz (sog. NABEG 2.0) sollen technisch und volkswirtschaftlich sinnvolle Mechanismen für ein Engpassmanagement in den Stromnetzen umgesetzt werden. Dies wird unter dem Begriff „Redispatch2.0“ zusammengefasst. Damit verbunden ist auch die Integration des bisherigen Einspeisemanagements in diese Regelungen. Ziel ist es, durch gezielte Steuerung von Erzeugungsanlagen Engpässe im Netz vorausschauend zu vermeiden und somit die Netzsicherheit zu gewährleisten sowie dem Einspeisevorrang von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) und KWK-Anlagen Rechnung zu tragen. Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Unter die Regelungen fallen alle Erneuerbare-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, konventionelle Energieerzeugungsanlagen und Speicher ab einer Leistung von 100 kW und alle EE- und KWK-Anlagen, die dauerhaft durch einen Netzbetreiber steuerbar sind.
Für einen sicheren und reibungslos funktionierenden Austausch von Informationen zur Umsetzung von Redispatch 2.0 wurden bestimmte Verantwortlichkeiten und Aufgaben jeweils genau einer sogenannten Marktrolle zugeordnet. Natürliche oder juristische Personen können hierbei mehrere Rollen einnehmen. Für Sie als Anlagenbetreiber kommen dabei die folgenden Marktrollen in Betracht.
Anlagenbetreiber
Der Anlagenbetreiber ist per Gesetz (siehe § 3 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 EEG) die natürliche oder juristische Person, die eine EEG-, KWK- oder Speicher-Anlage betreibt. Er hat rechtliche Verpflichtungen und Ansprüche, die mit dem Anschlussnetzbetreiber vertraglich geregelt sind (bspw. für den Netzanschluss oder die Vergütung von eingespeistem Strom). Der Anlagenbetreiber ist der Betreiber einer technischen Ressource (BTR) und der Einsatzverantwortliche (EIV), wenn er diese Rollen nicht an Dritte abtritt.
Betreiber der Technischen Ressource (BTR)
Der BTR ist für den Betrieb einer Technischen Ressource (TR) verantwortlich. Dies kann im Redispatchprozess die Übermittlung von Echtzeitdaten oder meteorologischen Daten für die Ermittlung der zu bilanzierenden Energiemenge bzw. Ausfallarbeit umfassen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten (z. B. ein Direktvermarktungsunternehmen) mit der Wahrnehmung beauftragt. Wir als Ihr Anschlussnetzbetreiber können die Rolle des BTR nicht übernehmen.
Einsatzverantwortlicher (EIV)
Der EIV ist für die Planung und Einsatzführung einer technischen Ressource (TR) und die Übermittlung der Fahrpläne verantwortlich. So muss er die für den Netzbetreiber erforderlichen Daten der Anlage aktuell und vollständig gemäß den gesetzlichen Verpflichtungen beziehungsweise des BNetzA-Beschlusses zur Informationsbereitstellung (BK6-20-061) bereitstellen. Dazu gehören insbesondere verbindliche Informationen über den prognostizierten Anlageneinsatz und Nichtbeanspruchbarkeiten der Anlage. Der Datenaustausch wird über die Austauschplattform Connect+ (Rolle des Data Providers) abgewickelt. Des Weiteren hat der EIV Aufforderungen zur Anpassung des Anlageneinsatzes zur Unterstützung des Netzbetriebes umzusetzen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten mit der Wahrnehmung beauftragt. Im Allgemeinen bietet sich ein Direktvermarktungsunternehmen für die Übernahme dieser Rolle an. Wir als Ihr Anschlussnetzbetreiber können die Rolle des EIV nicht übernehmen.
Auf der Homepage für die zuzuteilenden BDEW Codes können Sie nach den Marktrollen „Einsatzverantwortlicher“ bzw. „Betreiber einer technischen Ressource“ suchen. Hier sehen Sie eine Auflistung der bereits registrierten Einsatzverantwortlichen. Ob die Einsatzverantwortlichen diese Rolle auch als Dienstleistung für Ihre Anlage übernehmen, können wir Ihnen nicht sagen.
Technische Ressourcen (TRs) und Steuerbare Ressourcen (SRs) sind neue Identifikatoren (IDs) gemäß Rollenmodell für die Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt und dienen im elektronischen Datenaustausch zwischen den Marktpartnern als eindeutige Benennung von technischen Objekten. Eine TR ist dabei ein technisches Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt (bspw. ein Speicher oder ein Generator). Eine SR wirkt auf mindestens einen Netzanschlusspunkt, ist steuerbar, setzt sich aus mindestens einer TR zusammen und ist mindestens einer Marktlokation (MaLo) zugeordnet.
Die Identifikatoren für TRs und SRs werden entsprechend der Bildungsvorschrift durch die Codevergabestelle des BDEW an den Netzbetreiber vergeben und bestehen aus einer 11-stelligen, alphanumerischen ID-Nummer (bspw. C1010123101 (SR), D1019123001 (TR)). Der Netzbetreiber muss die TR-ID, die SR-ID und die Zuordnung dieser Identifikatoren zu den Erzeugungsanlagen und Fernwirkgeräten an den Anlagenbetreiber übermitteln.
Da uns die EIVs derzeit nicht bekannt sind, werden die IDs an den jeweiligen Anlagenbetreiber mit der Bitte übermittelt, diese an seinen Einsatzverantwortlichen (EIV) weiterzuleiten.
Bei Engpässen im Stromnetz ist der Anschlussnetzbetreiber berechtigt, die Erzeugungsleistung Ihrer Anlage anzupassen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies ändert sich mit der Einführung von Redispatch 2.0 nicht. Die Leistungsreduzierung kann dabei weiterhin über ein Fernwirkgerät (Funkrundsteuerempfänger oder Fernwirkanlage) in den vom jeweiligen Fernwirkgerät umsetzbaren Stufen erfolgen.
Im Redispatch 2.0 wird zwischen Aufforderungsfall und Duldungsfall unterschieden.
Im Aufforderungsfall muss der Einsatzverantwortliche (EIV) den Einsatz an seiner Anlage selbst umsetzen („Der Anlagenbetreiber wird vom Netzbetreiber zur Regelung aufgefordert.“).
Beim Duldungsfall regelt der Anschlussnetzbetreiber die Anlagen („Der Anlagenbetreiber muss die Regelung des Netzbetreibers dulden.“). Der Duldungsfall entspricht dem heutigen Einspeisemanagement „EinsMan“.
Die Wahl der Abrufart (Aufforderungsfall/Duldungsfall) ist über die Austauschplattform Connect+ im Rahmen der initialen Stammdatenmeldung durch den EIV an den Netzbetreiber ab 01.07.2021 gemäß dem Einführungsszenario zu übermitteln.
Liegt dem Netzbetreiber keine Zuordnung zu einer Abrufart vor, wird die Anlage für die Testphase ab 01.09.2021 dem Duldungsfall zugeordnet.
Entgegen dem jetzigen Einspeisemanagement „EinsMan“ wird im Redispatch 2.0 nicht nur die eingespeiste, sondern auch die abgeregelte Energiemenge (sog. Ausfallarbeit) je Viertelstunde einem Bilanzkreis zugeordnet und somit ein bilanzieller Ausgleich erzielt. Für diesen bilanziellen Ausgleich und die Abrechnung werden prinzipiell zwei Modelle angeboten. Es wird zwischen dem Prognosemodell und dem Planwertmodell unterschieden. Die beiden Modelle unterscheiden sich vor allem in der Art der Erstellung der Erzeugungsprognose und werden zwischen dem Anlagenbetreiber und seinem Einsatzverantwortlichen (EIV) für jede Steuerbare Ressource (SR) abgestimmt.
Im Planwertmodell muss der EIV Anlagenfahrpläne (Erzeugungsprognosen) für jede Technische Ressource (TR) mindestens am Vortag an den Netzbetreiber übergeben. Um am Planwertmodell teilnehmen zu können, muss der EIV die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen (Anlage 1 zum Beschluss BK6-20-059 der Bundesnetzagentur). Für Anlagen mit wetterabhängiger Erzeugung ist zusätzlich der „Kriterienkatalog Planwertmodell“ zu berücksichtigen (Anhang zu Anlage 1 zum Beschluss BK6-20-059 der Bundesnetzagentur). Erzeugungsanlagen mit einer Leistung ab 10 Megawatt müssen am Planwertmodell teilnehmen.
Im Prognosemodell muss der EIV keine Fahrpläne zur Verfügung stellen. Hier werden die Erzeugungsprognose vom Netzbetreiber erstellt.
Initial werden alle Anlagen, die derzeit keine Fahrpläne zur Verfügung stellen, dem Prognosemodell zugeordnet.
Das Abrechnungsmodell beschreibt die Methode, mit der im Fall einer Redispatch-Maßnahme die Ausfallarbeit ermittelt wird.
Die Pauschal-Abrechnung basiert dabei je nach Energieträger auf der Fortschreibung der letzten vollständig gemessenen Leistungsmittelwerte der Anlage vor der Maßnahme für den Zeitraum der Redispatch-Maßnahme.
In der Spitzabrechnung wird die Ausfallarbeit auf Basis von anlagenscharfen Wetterdaten dynamisch je Viertelstunde ermittelt.
Im Redispatch 2.0 besteht zudem die Möglichkeit, eine vereinfachte Spitzabrechnung („Spitz Light“) zu nutzen, falls keine eigene Messung der Wetterdaten an der Erzeugungsanlage vorhanden ist. Die Wetterdaten in diesem Verfahren werden dabei nicht direkt an der Erzeugungsanlage gemessen, sondern stammen von Dritten (bspw. vom Wetterdienstleister oder dem Netzbetreiber).
Die Wahl der Abrechnungsmethode obliegt dem Anlagenbetreiber. Das Abrechnungsmodell ist zudem abhängig vom Bilanzierungsmodell und der Art der Energieerzeugung.
Anlagen mit wetterabhängiger Erzeugung (Wind, Photovoltaik)
Bilanzierungsmodell | Planwertmodell | Prognosemodell |
Abrechnungsvarianten | Pauschal | |
vereinfachte Spitzabrechnung (Spitz light) | vereinfachte Spitzabrechnung (Spitz light) | |
Spitzabrechnung | Spitzabrechnung |
Anlagen mit wetterunabhängiger Erzeugung (Biomasse, KWK u. ä.)
Bilanzierungsmodell | Planwertmodell | Prognosemodell |
Abrechnungsvarianten | Spitzabrechnung | Pauschal |
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